Das Konjunkturpaket und das Vergaberecht: Erleichterungen für Auftragsvergaben des Bundes beschlossen

In dem von der Bundesregierung zu dem Konjunturpaket veröffentlichten Eckpunktepaier hieß es, dass auch das Vergaberecht – zumindest zeitweise – vereinfacht werden solle, um so die Konjunktur zu stärken und die Wirtschaftskraft Deutschlands zu entfesseln. Wie bereits hier berichtet, hatte die Bundesregierung dabei vor allem kürzere Fristen und höhere Wertgrenzen für erleichterte Vergaben im Blick. Jetzt ist die Regierung in den "Verbindlichen Handlungsanweisungen für die Bundesverwaltung für die Vergabe öffentlicher Aufträge zur Beschleunigung investiver Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie" konkret geworden. Wirtschaftsminister Altmaier sagte dazu: „Mit bis zu 500 Milliarden Euro an Auftragsvolumen pro Jahr ist der Staat ein riesiger Auftraggeber. Mit den Handlungsleitlinien für schnellere und einfacherer Vergaben der Bundesverwaltung helfen wir jetzt dabei, dass Vorhaben und Investitionen schnell umgesetzt werden können. Damit geben wir zusätzlichen Schwung für die Wiederbelebung unserer Wirtschaft.“

 

Wertgrenzen für erleichterte Vergaben werden erhöht / Fristen können leichter verkürzt werden

 

Die vom Bundeskabinett auf Vorschlag von Bundesminister Altmaier beschlossenen Handlungsleitlinien enthalten insbesondere folgende Erleichterungen:

 

Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte

  • Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte können die Vergabestellen des Bundes bis zu einer Wertgrenze von 100.000 € ohne Umsatzsteuer wahlweise Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb oder Verhandlungsvergaben mit oder ohne Teilnahmewettbewerb durchführen;
  • bei Bauaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte, die von Vergabestellen des Bundes vergeben werden, beträgt die Grenze für Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb bis zu einem geschätzten Auftragswert von 1 Million € ohne Umsatzsteuer;
  • Vergabestellen des Bundes können Freihändige Vergaben bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 € ohne Umsatzsteuer durchführen.
  • Die Werte für den Direktauftrag von Waren und Dienstleistungen werden von 1.000 auf 3.000 € und
  • beim Direktauftrag von Bauleistungen von 3.000 auf 5.000 € hochgesetzt. Hier kann der öffentliche Auftraggeber unmittelbar den Auftrag erteilen, ohne zuvor ein förmliches Vergabeverfahren durchführen zu müssen.
  • Die Fristen für die Einreichung der Angebote und Teilnahmeanträge können leichter verkürzt werden.

Die Regelungen sollen gleichermaßen für Zuwendungsempfänger, die die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) oder die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A) anzuwenden haben, gelten.

 

Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte

 

Zu Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte halten die Handlungsleitlinien fest, dass angesichts der drohenden konjunkturellen Lage von der Dringlichkeit investiver Maßnahmen der öffentlichen Hand auszugehen sei. Daher könne die Vergabestelle bei der Berechnung von Teilnahme- und Angebotsfristen "in der Regel" von den Verkürzungsmöglichkeiten bei hnreichend begründeter Dringlichkeit (z. B. in § 15 Abs. 3 VgV; § 16 Abs. 3 VgV, § 17 Abs. 3 VgV bzw. § 9 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A) Gebrauch machen.  

 

Die Bundesregierung will auch auf EU-Ebene für ein verbessertes EU-Vergaberecht werben

 

Die Bundesregierung unterstreicht in den Handlungsleitlinien zugleich auch die Bedeutung der öffentlichen Beschaffung zur Verwirklichung der Klimaschutzziele und Ziele der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Darüber hinaus sollen die öffentlichen Investitionsfördermaßnahmen insbesondere auch dafür genutzt werden, um Kleine und Mittlere Unternehmen, Start-Ups und Innovationen zu stärken.

 

Über die Handlungsleitlinien hinaus wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft auch auf Europäischer Ebene für die Optimierung des EU-Vergaberechts werben. Denn die umfangreicheren Investitionsmaßnahmen der öffentlichen Hand, die zur Konjunkturbelebung besonders wichtig sind, müssen in vielen Fällen nach europäischem Vergaberecht ausgeschrieben werden.

 

Ressourcen für Planung und Vergabe sollen gestärkt werden

 

Die Handlungsleitlinien betonen schließlich, dass gerade bei größeren Investitionsvorhaben der öffentlichen Hand das eigentliche Vergabeverfahren einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum einnimmt; daher seien auch zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren von großer Bedeutung (s. hinsichtlich möglicher Verbesserungen des Vergaberechts auch hier). Um die Planung und Vergabe konkreter Investitionsprojekte schnell und effizient umsetzen zu können, "sind daher die entsprechenden Verwaltungseinheiten im Rahmen des bestehenden Planstellen- und Stellenbestandes mit ausreichenden personellen und materiellen Ressourcen auszustatten", heißt es in den Handlungsleitlinien. Länder und Kommunen sollen hierauf gleichfalls hinwirken. 

 

Handlungsleitlinien gelten bis zum 31.12.2021

 

Die Handlungsleitlinien sind am Tag nach deren Veröffentlichung in Kraft getreten und treten am 31.12.2021 außer Kraft. Sie finden die Handlungsleitlinien hier.